Hier zählt, was Menschen möglich machen, wenn sie aus Begeisterung handeln: Die Naturbühne Gräfinthal ist kein Projekt mit Dienstplan und Vorschriften, sondern ein Herzstück gelebter Leidenschaft – tief verwurzelt im Saarpfalz-Kreis, getragen von Menschen, die ihre Freizeit gegen das Versprechen eintauschen, anderen unvergessliche Stunden zu schenken. Über 400 Freiwillige stemmen Jahr für Jahr ein Theater-erlebnis, das bleibt. Keine Gage, kein Applaus reicht an das heran, was sie antreibt: der Wunsch, andere für ein paar Stunden in eine andere Welt zu entführen. Sie schaffen Momente, die im Publikum nachklingen, wenn der letzte Vorhang längst gefallen ist. Felix Lauer und Nils Fillgraff erzählen, wie es gelingt, so viele Menschen für ein Ziel zu gewinnen, was das Spiel auf der Bühne mit dem Leben da draußen verbindet – und warum manche Erinnerungen ein Leben lang halten.
Die Naturbühne Gräfinthal gibt es seit 1932 – eine beeindruckend lange Zeit. Wenn Sie auf die Anfänge zurückblicken: Was hat sich bis heute verändert?
Felix Lauer: Da hat sich einiges getan. Der Verein wurde 1919 als Männergesangsverein gegründet und ist 1932 hier an den Hang von Gräfinthal gezogen. Damals floss noch ein Bach direkt über die Bühne – heute verläuft er darunter oder drumherum. Auch die Bühne selbst hat sich gewandelt: Früher stand ein festes Gebäude darauf, heute gibt es nur noch ein Bauwerk, das wir je nach Stück mit Kulissen gestalten. Vieles ist Schein – aber das gehört ja zum Theater dazu.
Wer hält die Naturbühne Gräfinthal am Leben? Woher kommen die Menschen – und was treibt sie an?
Felix Lauer: Die meisten kommen direkt aus Bliesmengen-Bolchen oder der Gemeinde Mandelbachtal, aber wir haben auch Mitspieler aus Saarbrücken, St. Ingbert und der Umgebung. Unser Einzugsgebiet wächst – und das Interesse auch: Unsere Jugend- und Kindergruppen sind so gut besucht, dass wir inzwischen Wartelisten haben. Früher standen oft Sportvereine im Vordergrund. Heute sind wir – neben Feuerwehr, Sport und Natur- und Vogelschutzverein – einer der stärksten Vereine im Ort, mit knapp 300 Mitgliedern. Etwa 100 davon sind aktiv auf oder hinter der Bühne. Alles ehrenamtlich: Vom Vorsitzenden bis zur Technik. Pro Spielsaison stehen mehr als 400 Menschen im Einsatz – das ist jedes Jahr eine logistische Meisterleistung.

Wie stemmen Sie diese logistische Meisterleistung hinter den Kulissen?
Felix Lauer: Wir haben das Glück, auf ein starkes Netzwerk zurückgreifen zu können. Viele bringen ihr Wissen und Können ein, gerade die ältere Generation, die die Bühne mit aufgebaut hat. Hier gibt es Leute, die wissen buchstäblich, wo jede Schraube sitzt. Ohne diese Erfahrung wäre das gar nicht machbar. Niemand macht das hauptberuflich. Alle gehen ihrem Job, der Schule oder dem Studium nach. Zwei, drei Rentner stehen uns mit Rat und Tat zur Seite – unser Ehrenvorsitzender zum Beispiel oder der Ehrenspielleiter. Auf diese Menschen können wir uns zu 100 Prozent verlassen.
Es klingt so, als würde hier viel Wissen und Erfahrung weitergegeben. Ohne das geht es wahrscheinlich gar nicht, oder?
Felix Lauer: Ganz genau. Viele Familiengenerationen sind hier geprägt. Ich selbst war fünf oder sechs, als ich das erste Mal zur Naturbühne kam. 2002 haben wir uns sieben, acht Mal „Die Biene Maja“ angeschaut – irgendwann meinte meine Mutter: „Wenn du so begeistert bist, spiel doch einfach selbst mit!“ So fing es an.
Nils Fillgraff: Bei mir war es meine Oma, die mich hierhergebracht hat. Seit Anfang der 2010er bin ich dabei – und habe keine Saison mehr verpasst.
Felix Lauer: Genau das macht unseren Verein aus: dieser Zusammenhalt. Bei uns sind alle dabei – vom unter Einjährigen bis zum fast 90-Jährigen. Jedes Jahr wächst sozusagen ein neuer Mitspieler mit hinein.
Wie gewinnen Sie Nachwuchs – und bleiben die jungen Leute dabei?
Felix Lauer: Im Kindesalter auf jeden Fall – die Nachfrage ist riesig. Unsere Kindergruppen platzen aus allen Nähten, wir könnten jedes Jahr eine neue gründen. Schwieriger wird es im Jugendalter: Wenn Pubertät, Schulabschluss und andere Hobbys dazukommen, verliert man den einen oder anderen. Ich selbst stand damals auch vor der Wahl: Fußball oder Theater. Ich habe mich fürs Theater entschieden – das war einfach weniger verletzungsanfällig. Wir bekommen jährlich fünf, sechs Anfragen von ganz unterschiedlichen Leuten – von Zuschauern bis hin zu professionellen Schauspielern oder Regisseuren. Viele wissen gar nicht, dass hier alles ehrenamtlich läuft. Sie bieten uns Stücke an oder wollen Regisseure vermitteln. Dann erklären wir: Wir freuen uns über das Interesse – aber bezahlen können wir niemanden. Sonst würde das ganze Konstrukt nicht mehr funktionieren.

Es gab sicher auch Zeiten, in denen das Ehrenamt an seine Grenzen kam – etwa bei Hochwasser oder Corona. Wie haben Sie das gemeistert?
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