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Wertvolle Tipps vom Allgemeinmediziner Dr. med Michael Jelden

Jetzt. Magazin: Herr Dr. Jelden, schön, dass wir heute bei Ihnen sein dürfen. Wie sehen Sie Ihre Rolle als Hausarzt?

Dr. Jelden: Ich sehe mich als Berater meiner Patienten. Sie sind das Team, ich bin der Trainer – aber spielen müssen sie selbst. Meine Aufgabe ist es vor allem, ihre gesundheitliche Situation zu analysieren, Laborwerte, Ultraschallbilder und andere Befunde zu interpretieren und darauf basierend Empfehlungen zu geben. Ob diese dann umgesetzt werden, liegt allein beim Patienten.

Das ist insgesamt ein gemeinsamer Prozess. Manche Patienten haben natürlich Vorurteile gegenüber bestimmten Therapien, wie beispielsweise Cholesterinsenkern. Ich versuche, aufzuklären und gegebenenfalls Alternativen anzubieten. Wichtig ist, dass wir zusammenarbeiten. Ich bin nicht der Chef, der sagt, was zu tun ist. Es geht darum, den Patienten dort abzuholen, wo er steht, und ihn auf seinem Weg zu unterstützen.

Jetzt. Magazin: Was sind denn die häufigsten gesundheitlichen Herausforderungen für Patienten im Winter?

Dr. Jelden: Im Winter sind wir viel häufiger in geschlossenen Räumen, wodurch sich auch Keime leichter verbreiten. Viele Menschen glauben ja, häufige Erkältungen seien ein Zeichen eines schwachen Immunsystems, aber das stimmt so gar nicht. Symptome wie Schnupfen und Husten zeigen vielmehr, dass das Immunsystem aktiv gegen die Erreger arbeitet. Ein stark reagierendes Immunsystem führt oft zu deutlicheren Symptomen, während ein „leise“ reguliertes Immunsystem eine Infektion kaum spürbar machen kann. Präparate oder Maßnahmen zur „Stärkung“ des Immunsystems sind deshalb nicht immer sinnvoll. Tatsächlich könnten sie bei manchen Menschen sogar stärkere Symptome verursachen. Wichtiger ist, das Immunsystem zu unterstützen, indem man sich gesund ernährt, an die frische Luft geht und sich regelmäßig bewegt. Das hilft, Infekte schneller zu überwinden und mildert zusätzlich die Symptome.

Jetzt. Magazin: Das klingt interessant und widerspricht dem, was viele Menschen über das Immunsystem denken. Wie wichtig ist in dem Zusammenhang die Prävention in Ihrer Arbeit?

Dr. Jelden: Prävention ist eine meiner Hauptaufgaben als Hausarzt. Mein Ziel ist es, Krankheiten frühzeitig zu erkennen, damit sie erst gar nicht entstehen oder sich verschlechtern. Besonders bei chronischen Erkrankungen wie Herz-Kreislauf-Leiden oder Stoffwechselstörungen ist es wichtig, früh gegenzusteuern. Das Problem ist allerdings, dass viele Patienten erst dann aktiv werden, wenn die Krankheit bereits fortgeschritten ist. Dabei sind einfache Maßnahmen wie regelmäßige Bewegung, gesunde Ernährung und ein korrektes Körpergewicht oft schon ausreichend, um das Risiko deutlich zu senken. Leider sind genau diese Maßnahmen bei vielen unbeliebt. Oft kommen Patienten erst, um nach Medikamenten zu fragen, ohne die vorherigen Schritte gegangen zu sein. Es ist wie mit dem Auto: Man geht nicht erst in die Werkstatt, wenn das Auto nicht mehr fährt, sondern in regelmäßigen Abständen zur Inspektion. Dabei könnte man sich zur Not ja ein neues Auto kaufen, neue Organe aber nicht.

Jetzt. Magazin: Viele Menschen haben durch Job und Verpflichtungen aber im Alltag kaum Zeit für Bewegung. Was raten Sie denen?

Dr. Jelden: Es muss nicht immer das Fitnessstudio sein. Schon eine Viertelstunde Bewegung zu Hause, zwei- bis dreimal die Woche, kann einen großen Unterschied machen. Das gilt auch für ältere Menschen – selbst mit 90 Jahren kann man mit einfachen Kraftübungen beginnen. Wichtig ist die Regelmäßigkeit. Übungen wie Liegestütze – notfalls gegen die Wand – oder Kniebeugen reichen völlig aus. Der Körper passt sich an, und mit der Zeit wird man stärker. Bewegung hat nicht nur körperliche Vorteile, sondern verbessert auch die geistige Gesundheit. Studien zeigen, dass Sport auch im Alter Gedächtnisprobleme lindern und die kognitive Leistung verbessern kann – und da gibt es kein Medikament, das mithalten könnte. Und da geht es auch nicht um die Hauruck-Aktion, sondern um Bewegung als Gewohnheit.

Jetzt. Magazin: Um dem Körper etwas Gutes zu tun, greift man ja gerne mal ohne zu zögern zu Nahrungsergänzungsmitteln. Was halten Sie von diesen im Allgemeinen?

Dr. Jelden: Nahrungsergänzungsmittel sind oft überflüssig, wenn keine Mängel bestehen. Viele greifen im Winter zu Vitamin C, Zink oder Multivitaminpräparaten, ohne zu wissen, ob sie diese überhaupt brauchen. Tatsächlich scheiden wir überschüssige Vitamine wie Vitamin C einfach wieder aus – das hat keinen gesundheitlichen Nutzen. 

Eine Ausnahme ist Vitamin D. Im Winter bekommen viele Menschen zu wenig Sonne, was zu einem Mangel führen kann. Das gezielte Auffüllen dieses Vitamins ist sinnvoll und spürbar. Bei anderen Vitaminen, wie B12, kann ein Mangel nur durch eine gezielte, hoch dosierte Therapie behoben werden – einfaches „Supplementieren“ bringt hier nichts. Wer Nahrungsergänzungsmittel nehmen möchte, sollte sich vorher testen lassen. Nur so kann man sicherstellen, dass es tatsächlich notwendig ist. Und nochmal ein Vergleich mit dem Auto: Niemand würde einfach mal so, einen Liter Öl in den Motor kippen, sondern immer vorher schauen, ob überhaupt Öl fehlt, und wieviel und dann auch nur genau das auffüllen.

Jetzt. Magazin: Und wie sieht es mit Fruchtsäften aus, sind sie eher gut oder schlecht?

Dr. Jelden: Fruchtsäfte sind eine Zuckerfalle. Viele denken, sie tun sich etwas Gutes, aber ein Glas Apfelsaft enthält den Zucker von etwa zehn Äpfeln – ohne die Ballaststoffe und wertvollen sekundären Pflanzenstoffe, die in der Frucht selbst stecken. Der Zucker in Fruchtsäften ist genauso problematisch wie der in Softdrinks und kann zur Entstehung einer Fettleber oder Diabetes beitragen.

Mein Rat: Essen Sie das Obst direkt. Das ist unverarbeitet, sättigt besser und enthält alle wertvollen Nährstoffe. Fruchtsäfte, auch wenn sie „Bio“ oder „naturtrüb“ sind, haben diesen gesundheitlichen Nutzen nicht.

Jetzt. Magazin: Gibt es allgemeine Ernährungstipps, die Sie Ihren Patienten geben?

Dr. Jelden: Die klassische Ernährungspyramide, die Kohlenhydrate als Basis empfiehlt, ist überholt. Kohlenhydrate wie Brot, Nudeln oder Reis werden im Verdauungstrakt zu Zucker umgewandelt und letztlich in Fett gespeichert. Stattdessen sollte die Basis der Ernährung aus Gemüse, Hülsenfrüchten und Proteinen bestehen. Fleisch, Fisch, Milchprodukte oder Tofu sind wichtige Proteinquellen, die sättigen und gesund halten.

Für Veganer ist es wichtig, auf eine ausgewogene Aminosäureversorgung zu achten. Hülsenfrüchte kombiniert mit Reis oder Mais sind eine gute Möglichkeit, alle essenziellen Proteine aufzunehmen. Wer sich vegan ernähren möchte, sollte sich gut informieren, um Mangelerscheinungen zu vermeiden.

Jetzt. Magazin: Fallen Ihnen spontan weitere Maßnahmen ein, die helfen, die Gesundheit zu verbessern?

Dr. Jelden: Sauna ist eine hervorragende Möglichkeit, die Gesundheit zu fördern. Regelmäßiges Saunieren hat nachweislich positive Effekte auf das Immunsystem, indem es die Reaktionen mildert und Infekte weniger spürbar macht. Aber auch hier gilt: Die Regelmäßigkeit ist entscheidend. Ein einzelner Saunabesuch reicht nicht aus. Haustiere können ebenfalls einen positiven Effekt haben. Ein Hund zwingt einen, täglich spazieren zu gehen, selbst bei schlechtem Wetter. Das ist nicht nur gut für die Bewegung, sondern auch für die mentale Gesundheit.

Jetzt. Magazin: Sie arbeiten in einer Praxis, in der Sie täglich mit vielen Menschen und ihren gesundheitlichen Problemen in Kontakt kommen – vor allem im Winter, wenn Keime überall sind. Wie schaffen Sie es, selbst gesund zu bleiben?

Dr. Jelden: Am Anfang meiner Karriere war das wirklich schwierig. Gerade als junger Arzt oder Pflegekraft ist man in den ersten Jahren ständig krank, weil man mit so vielen neuen Krankheitserregern in Kontakt kommt. Es gibt ja nicht nur einen Erkältungsvirus, sondern hunderte aus verschiedenen Virenfamilien, die Infekte auslösen können. Nach einer Weile hat man viele davon schon durchgemacht und entwickelt eine gewisse Grundimmunität. Das merke ich heute: Ich werde viel seltener krank.

Ein wichtiger Punkt bezüglich der Gesundheit ist für mich auch, nicht sofort aufzugeben. Vor zwei Jahren habe ich mir die Schulter gebrochen und trotzdem keinen Tag in der Praxis gefehlt. Ich habe meinen Arm so auf das Ultraschallgerät gestützt, dass ich weiterarbeiten konnte. Für mich war das selbstverständlich – meine Patienten sollten nicht ohne Arzt dastehen. Das hat natürlich mit einer bestimmten Einstellung zu tun. Ich glaube, diese mentale Stärke hilft mir auch, mich schneller zu erholen und in belastenden Situationen gesund zu bleiben.

Neben der mentalen Komponente spielt auch mein Lebensstil eine große Rolle. Ich bewege mich regelmäßig, gehe an die frische Luft und achte auf gesunde Ernährung. Diese Gewohnheiten sind wichtig, um fit zu bleiben, vor allem in einem Beruf, in dem man ständig mit Krankheiten konfrontiert ist.

Jetzt. Magazin: Haben Sie auch berufliche Pläne, was Ihre Praxis betrifft?

Dr. Jelden: Ja, ich denke immer wieder darüber nach, wie ich die Praxis weiterentwickeln kann. Eine Möglichkeit wäre, die Praxis hier vor Ort zu erweitern. Alternativ überlege ich, ob ich eine weitere Praxis an einem anderen Standort eröffne. Ein Bereich, den ich auf jeden Fall weiter ausbauen möchte, ist die Ultraschall-Diagnostik. Ich bin der einzige Hausarzt im Saarland, der Degum-zertifiziert ist. Das bedeutet, ich habe eine besondere Qualifikation in der Ultraschall-Diagnostik, und ich möchte diese Expertise gerne mit anderen teilen. Es gibt aktuell keine Ultraschallkurse für Hausärzte in unserer Region, und das möchte ich ändern. Auch Schlafmedizin würde gerne mit ins Programm aufnehmen. Es gibt also viele Ideen und Möglichkeiten, aber ich muss sehen, was sich davon umsetzen lässt.

Jetzt. Magazin: Zum Schluss noch eine persönliche Frage: Was motiviert Sie?

Dr. Jelden: Ich habe viele Leidenschaften, die mich motivieren. Ursprünglich war ich Geiger und habe weltweit Konzerte gegeben. Ich dachte damals, Geige spielen sei schwierig – aber dann habe ich mit Mitte 40 das Reiten angefangen, und ich musste feststellen, dass das noch herausfordernder ist. Heute reite ich Springturniere, und mein Ziel ist es, mich im Reiten immer weiter zu verbessern. Es ist schon faszinierend, weil man sich nicht nur auf sich selbst konzentrieren muss, sondern auch auf das Pferd. Es ist ein Lebewesen, mit eigenen Bedürfnissen und Eigenheiten. Du kannst nicht zehn Stunden üben wie mit einer Geige – das Pferd braucht Pausen, Zeit zur Regeneration, und man muss sich ständig anpassen. Das macht das Reiten so anspruchsvoll und gleichzeitig unglaublich erfüllend.

Außerdem liebe ich Sprachen. In meinem Leben habe ich über 30 Sprachen gelernt, wobei ich heute fließend etwa acht sprechen kann, darunter Spanisch, Ungarisch, Französisch und Portugiesisch. Sprachen sind für mich wie ein Puzzle – jede hat ihre eigenen Strukturen, ihre eigene Logik, und das macht sie so spannend. Ich würde z. B. gerne Türkisch lernen, weil ich die Sprache unglaublich faszinierend finde, sowohl historisch als auch grammatikalisch. Aber es ist wie bei allem: Man benötigt die Zeit, sich intensiv damit zu beschäftigen, und die fehlt mir oft.

Jetzt. Magazin: Herr Dr. Jelden, vielen Dank für das Gespräch und alles Gute!

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