Wenn Sie sich fragen müssen, was Jazz ist, werden Sie es nie erfahren.“ – Louis Armstrongs Satz könnte auch zu Ro Gebhardt passen. Er begreift Jazz nicht einfach als Theorie, sondern als etwas, das man leidenschaftlich lebt – von den ersten Akkorden in Neunkirchen bis zu Auftritten im legendären Blue Note in New York. Heute spielt er mit internationalen Größen – und mit seinem Sohn Alec. Für ihn ist Musik schlicht das, was sein Leben ausmacht. Ein Gespräch über Leidenschaft, Freiheit und die Liebe zur Musik.
Herr Gebhardt, Louis Armstrong hat einmal gesagt: „Wenn Sie sich fragen müssen, was Jazz ist, werden Sie es nie erfahren.“ – Was bedeutet dieser Satz für Sie persönlich?
Ich glaube, Armstrong meinte damit: Jazz kann man nicht theoretisch begreifen. Viele Menschen haben gar keinen Zugang, weil sie sich nie wirklich darauf eingelassen haben. Und wenn man Jazz nur aus einem Nachtprogramm im Fernsehen kennt, hat man eigentlich keine Erfahrung damit.
Für mich war Jazz immer eine dieser Musikrichtungen, die mich überrascht und umhaut – auch wenn es nicht unbedingt das war, was ich mir zuhause anhören würde. Selbst bei Free-Jazz habe ich Konzerte erlebt, die mich berührt haben, obwohl das eigentlich nicht mein Geschmack ist. Entscheidend ist die Atmosphäre: das unmittelbare Erlebnis. Natürlich gehört auch Handwerk dazu. Jazz ist nicht einfach zu spielen, man muss ihn technisch beherrschen. Sonst klingt es nicht gut – und wenn es nicht gut klingt, will es auch niemand hören.
Als Kind prägt sich der Musikgeschmack schnell. Wie war das bei Ihnen?
Ich war ein sensibler, neugieriger Junge. Zuerst waren es Hardrock-Bands wie Deep Purple oder Black Sabbath, dann Santana – und irgendwann bin ich beim Jazz gelandet. Während meine Schulfreunde bei Rock und Pop geblieben sind, wollte ich mehr. Ich kann das gar nicht intellektuell erklären. Vielleicht war es die Faszination für das Neue, das Unerhörte, das Unvorhersehbare. Jazz war für mich immer eine Musik, die sich verändert, die nie gleich klingt, die sich immer wieder neu erfindet.








Fotos: Ro Gebhardt
Sie haben in Luxemburg, Hamburg und in den USA studiert. Was hat Sie am meisten geprägt?
Boston war ein Wendepunkt. Am Berklee College trafen Menschen aus aller Welt aufeinander – allein in meiner Gitarrenabteilung über 700 Studierende. Diese Vielfalt war ein Schlüsselmoment: Ich konnte sehen, wo ich selbst stehe, und gleichzeitig von all den unterschiedlichen Persönlichkeiten lernen.
Ohne mein Stipendium hätte ich das nie finanzieren können. Heute sind europäische Hochschulen viel besser vernetzt, internationale Austauschprogramme sind selbstverständlich. Und auch musikalisch hat sich etwas verschoben: Die USA sind längst nicht mehr das alleinige Jazz-Mekka. Europa hat aufgeholt, in vielen Bereichen sogar eigene Strömungen entwickelt.
Welche Erfahrungen haben Sie denn aus dieser Anfangszeit mitgenommen?



